02.Runde, Rückspiel im Europapokal der Pokalsieger 1975/1976: BSG Sachsenring Zwickau vs. AC Florenz 5:4 n.E.

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Spielbericht

Lehrbuchstudie in Sachen Konzentration

Die Erwartungen, Zwickau unter den letzten Acht im EC II zu sehen, fußten nach den fuwo-Beobachtungen von Florenz vor allem auf drei Überlegungen: erstens auf der taktischen Disziplin der Croy-Elf; zweitens auf ihrer enormen psychischen und physischen Belastbarkeit; drittens auf der unzureichenden Durchschlagskraft der Fiorentina. In allem sahen wir uns am vergangenen Mittwoch im stimmungsvollen Georgi-Dimitroff-Stadion vor der Rekordkulisse von 38 000 nicht getäuscht!

Die 0:1-Niederlage vom Stadio Comunale forderte Sachsenring eine OFFENSIV-TAKTIK ab. "Ich brauchte Energie, Kampfkraft, Einsatzhärte im Angriffszentrum. Reichelt für den gesperrten Bräutigam, das schien mir die beste Lösung zu sein", so Karl-Heinz Kluge. Der Hattrick Sünder von Riesa (drei verschuldete Strafstöße) genoß zu Recht Kluges Vertrauen in der Center Rolle! "Ich hatte einiges gutzumachen", lächelte Andreas Reichelt. Genauso engagierte er sich. "Wie unsere Angriffsspitzen kämpften, war bravourös", lobte Sektionsleiter Dieter Bretschneider. Ohne die gesperrten Merlo und Speggiorin (jeweils zwei gelbe Karten) entschied sich die Fiorentina vornehmlich für eine Kombination von Safety first und Konterspiel im 1-3-4-2 (in Florenz im 1-3-3-3). Unfaßbar dennoch, wie Florenz Dietzsch die SPIELGESTALTUNG gewährte. Während er, selten zum Zweikampf (Caso) gestellt, an den Schalthebeln von Tempoforcierung und Ruhephasen stand, wich Henschel dem ACF-Regisseur Antognoni nicht von der Seite. Was J. Schykowski mangels ausreichender internationaler Erfahrung in Italien nicht gelang, schaffte Zwickaus Vorstopper: der Routinier (32) beherrschte das große Talent (21) der "Squadra Azzurra" ! "Das individuelle technisch-taktische Können der Italiener stellten wir in Rechnung. Da boten sie wirklich Klasse. Ihr Kräfteabfall in der Verlängerung aber war ebenso unübersehbar", beurteilte Peter Henschel Licht und Schatten des Kontrahenten.

Da die, Fiorentina zunächst das hemmungslose ausgereizte Stilmittel der Übertreibung bevorzugte, hatte Zwickaus PSYCHISCHE STABILITÄT zunächst die Probe aufs Exempel zu bestehen. Unbotmäßiges Foulspiel, Tätlichkeiten, lächerlich simulierte Verletzungen (deshalb Verwarnungen für Roggi, Della Martira, Pellegrini und Casarsa) sowie jedes Mittel der Spielverzögerung warfen die Westsachsen nicht aus der Bahn. Der Gedanke, zurückzustecken (gegenüber der Verletzungsgefahr), Vorsicht walten zu lassen, war ihnen ebenso fremd wie das Gefühl, an der überharten Florentiner Abwehr auf Dauer zu scheitern.

Der Vorteil der Italiener: Auch der 0:1-Rückstand mußte sie keineswegs in eine unkontrollierbare Offensive treiben. Sichere, lange Ballstafetten waren legitim. Zwickaus Schwierigkeit: der Zugzwang zum 2:0 mußte beim unerläßlichen Steilspiel ab und an auf Kosten der Präzision gehen. Unter AUSDAUER war deshalb nicht nur die Fähigkeit zu verstehen, bei jeder zweiten Ballannahme Regelwidrigkeiten unbeeindruckt wegzustecken, sondern auch mit nie erlahmendem Eifer einen Sprint nach dem anderen zu liefern. Unproduktiver Aufwand wäre ein völlig ungerechtfertigter Vorwurf, wo steter Tropfen den Stein aushöhlen sollte. Und es auch tat, denn zwischen der 20. und 40 Minute verloren die Gäste in der von ihnen provozierten Hektik selbst die Übersicht (Superchi, Pellegrini), so daß Zwickaus Standard-Tor (Dietzsch-Freistoß plus J. Schykowski-Kopfball) der Lohn des Fleißes war.

Gegenüber dem dürftigen Niveau von Florenz wiesen die Italiener in Zwickau sehr viel spielkulturelle Attraktivität vor. "Sie wirkten wesentlich stärker", anerkannte H. Schykowski. "Besser gespielt? Auf keinen Fall, denn in Zwickau haben wir ja verloren. So und nicht anders müssen wir uns dem Ausscheiden aus dem EC II stellen." Fiorentina-Trainer Carlo Mazzone beurteilte nüchtern die Realitäten. Selbst wenn die besseren Deckungsreihen die DURCHSCHLAGSKRAFT hier wie dort beschränkten, Sachsenring hatte diesmal Vorteile bei Chancen (6:3), Ecken (6:1), torgefährlichen Kopfbällen (2:0) und Torschüssen (13:11), die den Sieg rechtfertigten ("Die Mannschaft schöpfte ihre Potenzen voll aus", erklärte DFV-Generalsekretär Günter Schneider). FDGB-Pokalgewinn, Einzug in das EC II-Viertelfinale - wenn das keine Blütenträume sind, die da in Zwickau reiften, was dann?

(Quelle: Die neue Fußballwoche; Autor: Günther Simon)

Tor

1:0 J. Schykowski (31.)

Elfmeterschießen

0:1 Caso, 1:1 Dietzsch, 1:2 Guerini, 2:2 Leuschner, Antognoni an den Pfosten, 3:2 H. Schykowski, 3:3 Roggi, 4:3 Lippmann, 4:4 Bresciani, 5:4 Croy

Aufstellungen

BSG Sachsenring Zwickau: (Trainer: K.-H. Kluge)

Croy, H. Schykowski, Stemmler, Henschel, Lippmann, Leuschner. J, Schykowski. Dietzsch, Blank. Reichelt (73. Nestler), Braun

AC Florenz: (Trainer: C. Mazzone)

Superchi, Pellegrini, Galdiolo, Della-Martira, Roggi, Caso, Guerini, Beatrice, Antognoni, Casarsa (78. Desolati), Bresciani

Schiedsrichterkollektiv

Zlatanos, Anastasios, Leonidas (alle Griechenland)

Zuschauer

36.000

Spielort

Georgi-Dimitroff-Stadion, Zwickau

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